Holidaycheck kämpft an vorderster Front gegen gefälschte Bewertungen. Denn das Reiseportal ist einst als Plattform für Hotelbewertungen gestartet und hat so Millionen Nutzer auf seine Website gezogen. Sie verlassen sich noch heute bei der Wahl der Ferienunterkunft auf das Urteil und die authentischen Beschreibungen und Erfahrungen tausender anderer Urlauber. Erfundene oder bezahlte positive Bewertungen sind da nicht einfach nur ärgerlich, sie bedrohen das Geschäftsmodell. Denn das lebt vom Vertrauen in die Echtheit der Urlauberstimmen.
Katz-und-Maus-Spiel mit Geschäftemachern
Doch der Kampf gegen gefälschte und gekaufte Bewertungen ist "ein Katz-und-Maus-Spiel", sagt Holidaycheck-Manager Georg Ziegler. Er hat gegen professionelle Bewertungsbetrüger schon Prozesse geführt und gewonnen. Aber geändert hat sich dadurch nichts, das Geschäft mit massenhaft gekauften positiven Bewertungen geht munter weiter, musste Ziegler erfahren.
Etwa Fivestar Marketing, bei denen jeder in Massen positive Bewertungen für alle möglichen Plattformen kaufen kann. dass das erwirkte Urteil gegen das Unternehmen kann nicht vollstreckt werden, weil der Firmensitz kurzerhand mal nach Belize und aktuell nach Sofia verlegt wird. Von dort läuft das Geschäft ungestraft weiter und eine strafbewertete Unterlassungserklärung könne häufig nicht einmal zugestellt werden.
Holidaycheck fordert Straftatbestand Bewertungsbetrug
Eine aktuelle Gesetzesänderung, wonach der Bewertungsbetrug Ende Mai in das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb aufgenommen werde, helfe da wenig, sagt Ziegler. Das bilde nur ab, was Gerichte längst entschieden hätten. Doch die Urteile ließen sich nicht durchsetzen, so lange Bewertungsbetrug keine Straftat sei und nur zivilrechtlich verfolgt werden könne. "Ebenso wie Betrug in der analogen Welt, muss auch der organisierte Betrug durch Bewertungsfälscher ein strafrechtlicher Tatbestand werden", fordert Ziegler. "Nur im Strafrecht sind die Konsequenzen so massiv, dass diese abschreckend für Bewertungsfälscher wirken."
Der Ruf nach dem Strafrecht stößt aber nicht nur in der Politik auf taube Ohren. Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern etwa sieht das Problem, dass ein Vermögensschaden durch Bewertungs-Fake nicht verifizierbar sei. Ziegler hält dagegen. Es sei ja bekannt, dass bei drei von vier Käufen positive Bewertungen den Ausschlag gäben und rechnet die Schadenssummer auf rund 3,8 Milliarden Euro hoch.
Amazon löscht in einem Jahr 200 Millionen Fake-Bewertungen
Welche Dimension Fake-Bewertungen haben, veranschaulichen die Zahlen von Amazon. Der größte Online-Händler der Welt hat allein im Jahr 2020 rund 200 Millionen als falsch erkannte Bewertungen gelöscht. Und das sind nur diejenigen, die ein fein abgestimmter Algorythmus und Künstliche Intelligenz aus den insgesamt 1,5 Milliarden Kommentaren und Urteilen zu Produkten als offensichtlich gefälscht herausfischen. "Es gibt viel zu tun", konstatiert Marina Solin, Customer Trust Manager bei Amazon Deutschland.
In der Tat wird es immer schwieriger, gefälschte Bewertungen zu erkennen. Denn auch die Fälscher werden besser, beziehungsweise deren Künstliche Intelligenz. "Seit 2015 produzieren Bots massenhaft falsche Bewertungen" und die Fakes würden immer raffinierter, sagt Sebastian Hallensleben vom Elektrotechnikverband VDE. Diese von Maschinen erstellten Bewertungen sind für ihn das größere Problem. "Es gibt die Technik und die Motivation, sie anzuwenden. Deshalb ist naiv, zu glauben, das diese beiden nicht zusammenfinden."
Bleibt der Ansatz bei den Käufern von positiven Bewertungen. Ihr Risiko, erwischt und abgestraft zu werden, erscheint derzeit gering. Bei Holidaycheck gibt es rote Fähnchen und Warnhinweise bei Hotels, die sich offensichtlich schön reden lassen. "Das ändert aber nichts", sagt Ziegler. Aus dem Sortiment nimmt Holidaycheck die Schummler aber nicht.
Thomas Hartung
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