Wer viel testet, erfährt viel und das ist gut. Denn je mehr wir wissen, desto zielgenauer können wir Corona bekämpfen.
Darum muss es gehen:
Zielgenaues Bekämpfen. Verstärktes Testen ist vor allem dort wichtig, wo Reisende aus Risikoländern zurückkehren. Die Bundesregierung will aber all jene, die aus Risikozonen kommen, in Zwangsquarantäne schicken. Egal, ob es sich um Pauschalreisende handelt, oder Menschen, die Freunde und Familie im Ausland besuchen. Es gibt einen besseren Weg - einen, der weniger in unseren Alltag eingegreift und uns in unserer Freiheit weniger einschränkt: Testen statt Quarantäne!
Was plant die Bundesregierung für diesen Herbst?
Es ist geplant, eine neue digitale Registrierungsseite für RückkehrerInnen aus Risikogebieten einzurichten. Diese Meldeseite soll die sogenannte „Aussteigekarte“ ersetzen. Sobald sie fertig ist, sollen auch neue Test- und Quarantänebestimmungen gelten. Im Gespräch für die Einführung ist der 15.10., was mitten in die Herbstferien einiger Bundesländer fallen würde.
Konkret plant die Bundesregierung eine Zwangsquarantäne für alle, die aus Risikogebieten zurückkehren. Frühestens nach 5 Tagen Quarantäne soll ein Coronatest gemacht werden können. Wenn dieser negativ ist, ist man aus der Quarantäne entlassen.
Was bedeuten die geplanten Quarantäneregeln für ReiserückkehrerInnen?
Wer aus einem Risikogebiet kommt, muss sich nach Ankunft in Deutschland umgehend in mindestens fünftägige Quarantäne begeben. Diese wird vom Gesundheitsamt überwacht. Zuwiderhandlungen können hohe Geldstrafen nach sich ziehen. Wer in Quarantäne muss und keine einvernehmliche Regelung mit seinem Arbeitgeber findet oder beispielsweise im Homeoffice arbeiten kann, muss für die Zeit der Quarantäne Urlaub nehmen.
Wenn die Quarantäneregelung tatsächlich am 15.10. in Kraft tritt, wäre die Folge, dass Heimkehrende aus den Herbstferien am 14. Oktober durch einen Test eine Quarantäne vermeiden könnten, während Heimkehrende am 15. Oktober sofort in Zwangsquarantäne müssten – unabhängig davon, ob sie nun infiziert sind oder nicht.
Was bedeuten die geplanten Quarantäneregeln für die Reisewirtschaft?
Die Tourismusbranche hat rund 28 Millionen Beschäftigte in Europa und rund 3 Millionen in Deutschland. Wenn die Quarantäneregel so kommt, wie aktuell geplant, bedeutet das de facto einen Shutdown des Reisegeschehens. Ein Großteil der Pauschalreiseziele würde durch diese pauschale Quarantänebestimmung blockiert. Das ist unverhältnismäßig. Zwar hatte die Bundesregierung angekündigt, keinen Lockdown mehr zu wollen – aber für die Reisebranche läuft es genau darauf hinaus. Die Reisewirtschaft mit ihren unterschiedlichen Unternehmen ist wie kaum eine andere Branche in Deutschland von der Coronakrise betroffen und kämpft sein Monaten ums Überleben. Die geplante Quarantäneregel wäre für viele Reisebüros, Reiseveranstalter und zahlreiche Dienstleister der Branche wohl das Ende. Was wir jedoch brauchen, sind zuverlässige Tests und eine entsprechende Teststrategie.
Warum ist die Quarantäneregel unverhältnismäßig?
Jedes staatliche Handeln muss verhältnismäßig sein – das ist ein Grundsatz unserer Verfassung. Um den Schutz der Gesundheit sicherzustellen, muss die Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen sein. Eine Einschränkung der Reisefreiheit ist zwar geeignet, die Einschleppung des Coronavirus zu unterbinden. Sie ist aber unverhältnismäßig, weil andere, ebenso geeignete und mildere Mittel zur Verfügung stehen, mit denen ebenso eine adäquate Risikominimierung erreichbar ist. Konkret: Es ist möglich und viel sinnvoller, die Teststrategie weiterzuentwickeln, auszudifferenzieren und Kapazitäten auszubauen, als größtenteils gesunde, nicht-infizierte Menschen pauschal in Quarantäne zu schicken.
Sind ReiserückkehrerInnen tatsächlich für den Anstieg der Infektionen in Deutschland verantwortlich?
1. Die allermeisten Infektionen – es sind etwa zwei Drittel – finden im privaten Umfeld statt – also in Wohnstätten.
Hotels und Verkehrsmittel – und damit auch Pauschalreisen – spielen eine untergeordnete Rolle.
Quelle: RKI, Epidemologisches Bulletin 38/2020 vom 17.9.2020, S. 6ff.
2. Der wahrscheinlichste Ort für eine Infektion ist mit Abstand Deutschland.
In den meisten Fällen, in denen es vermutlich im Ausland zu einer Infektion kam, handelt es sich nicht um klassische Urlaubsländer wie etwa Spanien, Italien, Griechenland oder Frankreich. Die meisten positiv getesteten RückkehrerInnen kommen aus Ländern mit vorwiegend „ethnischem“ Reiseverkehr. Dieser Fachbegriff bezeichnet Reisen zu Familien und Freunden, die in der Regel individuell, d.h. mit dem eigenen Auto, organisiert werden – und nicht mit Unterstützung eines Reisebüros und/oder Reiseveranstalters.
Derzeit führen – nach Deutschland als häufigstem Infektionsort – folgende Länder die Statistik an: Kroatien, Kosovo, Türkei, Rumänien, Bosnien Herzegowina.
Im aktuellen Lagebericht des RKI vom 22.9. heißt es zudem: „COVID-19-Fälle treten besonders in Zusammenhang mit Feiern im Familien- und Freundeskreis auf. Der Anteil der Reiserückkehrer unter den Fällen geht zurück.“
Quelle: RKI, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 22.09.2020
Dass sich nur wenige Reisende in touristischen Destinationen infiziert haben, spiegelt sich auch in den Testzahlen des Testdienstleisters Centogene. Centogene betreibt Testcenter an den Flughäfen Frankfurt und Hamburg und hat in den letzten Wochen vorwiegend Rückkehrende aus Risikogebieten getestet.
Bei Einreisenden aus den Balkanländern wurden vergleichsweise viele Menschen positiv auf den Coronavirus getestet – im Fall von Kosovo waren es sogar 5,61 Prozent der Getesteten. Die Positivquoten bei Einreisenden aus den touristisch geprägten Ländern Spanien (0,27 Prozent), Griechenland (0,44 Prozent), Portugal (0, 23 Prozent) und Italien (0,33 Prozent) waren hingegen gering.
Quelle: Centogene, Unsere Ergebnisse im Airport Testing, Frankfurt, 15.07.-15.09.2020
Im Übrigen hängt die Ansteckungsgefahr mehr vom Verhalten als vom Ort, an dem man sich aufhält ab. Egal ob im Ausland oder innerhalb von Deutschland, ob im Restaurant oder in öffentlichen Verkehrsmitteln – es gilt: Abstand halten, Mund und Nase bedecken und Hände waschen bzw. desinifizieren.
Welchen Vorschlag unterbreitet der DRV für eine differenzierte Teststrategie?
Die Maßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos sollen in Abhängigkeit des örtlichen Infektionsgeschehens und des jeweiligen Einschlepprisikos nach Risikogebieten differenziert festgelegt werden. Dementsprechend wird folgendes Ampelmodell vorgeschlagen:
Kategorie Kriterien Maßnahmen
Kein Risikogebiet: Niedrige Inzidenz - Keine Quarantäne, keine Tests
Niedrigrisikogebiet: Erhöhte Inzidenz >50, aber geringe Positivrate von Rückkehrern (zB zw 1-2%) Testpflicht unmittelbar nach Einreise und Quarantäne bis das Ergebnis vorliegt
Hochrisikogebiet: Erhöhte Inzidenz >50tbd und hohe Positivrate von Rückkehrern (zB >2%) Quarantänepflicht mit der Möglichkeit zum quarantänebefreienden Test nach fünf Tagen
Reichen die Testkapazitäten aus?
In den vergangenen Wochen ist die Kapazität der an das RKI übermittelnden Labore enorm ausgebaut worden und liegt aktuell bei über 1,5 Millionen Tests / Woche.
Es gaben gegenüber dem RKI 170 Labore in KW 38 prognostisch an, in der folgenden Woche (KW 39) Kapazitäten für insgesamt 228.348 Tests pro Tag zu haben. Alle 170 übermittelnden Labore machten Angaben zu ihren Arbeitstagen pro Woche, die zwischen 4 - 7 Arbeitstagen lagen. Daraus resultiert eine Testkapazität von 1.516.162 durchführbaren PCR-Tests in KW 39.
Gleichzeitig wurden in der KW 38 nur knapp 1,1 Mio. Tests durchgeführt. Die Testkapazitäten sind also aktuell nur zu ca. 70 % ausgelastet.
Quelle: Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 23.9.2020, Seite 4.
Alle Situationsberichte des RKI für den Monat September finden sich hier.
Umfangreiche Testkapazitäten sind auch an deutschen Flughäfen aufgebaut worden. Die Betreiber teilen mit, dass die Kapazitäten noch gesteigert werden könnten – ohne die Laborkapazitäten für Tests im Inland zu beanspruchen.
Durch die Zulassung von verlässlichen Schnelltests könnte die Teststrategie weiter verfeinert werden. Damit könnten Infektionswege über den Flugverkehr und den touristischen Busverkehr praktisch ausgeschlossen werden.
Warum sind touristische Pauschalreisen vergleichsweise risikoarm?
Warum stecken sich vergleichsweise wenige Menschen in den klassischen Urlaubsdestinationen an?
Das vergleichsweise wenig PauschalurlauberInnen nach ihrer Rückkehr positiv auf das Coronavirus getestet werden, liegt an den umfangreichen Hygienekonzepten, welche Reiseveranstalter in Zusammenarbeit mit Reisebüros, Mobilitätsdienstleistern (Fluglinien), Hotels und Destinationen bereits frühzeitig vorgelegt haben und seither konsequent umsetzen. Diese umfassen die Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase, das Einhalten der Abstandsregeln, die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln u.v.m.
Welche Vorteile hat die Pauschalreise in Zeiten von Corona?
Die Pauschalreise ist von Anfang bis Ende organisiert. Die Reiseveranstalter kennen die Daten der Reisenden und den Aufenthaltsort im Ausland. Dadurch ist eine nahezu lückenlose Nachverfolgung einer Infektionskette, sofern notwendig, schnell und einfach möglich, da die Reiseveranstalter wissen, wer mit wem zusammen in einem Hotel, einem Flugzeug oder einem Transferbus gewesen ist.
Darüber hinaus können die Reiseveranstalter ihre KundInnen im Fall der Fälle sofort informieren, wenn eine Gefahrensituation auftaucht oder sich die Corona-Bedingungen ändern. Sie geben Verhaltensempfehlungen an die Reisenden weiter, gegebenenfalls werden Flüge umgebucht und eine vorzeitige Rückreise organisiert. Sind Reisende auf eigene Faust unterwegs, müssen sie sich um alles alleine kümmern. Sollte im Vorfeld der Reise die Zieldestination zum Risikogebiet erklärt werden, kann die Pauschalreise kostenfrei umgebucht oder storniert werden. Darüber hinaus stehen die Veranstalter auch während der Reise rund um die Uhr als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung – zum Beispiel auch, wenn Reisende während des Urlaubs erkranken.