Schlendert man durch die Straßen und Gassen der einstigen Taucherhochburgen von Tulamben oder Amed, wird einem eigenartig zumute. Wo sich vor zweieinhalb Jahren noch bunte Tauchshops an schmucke Cafés und geschäftige Tauchbasen an volle Restaurants reihten, dominierten bis vor wenigen Wochen geschlossene Türen, vernagelte Schaufenster und leere Lokale. Unzählige der sonst so fröhlichen Balinesen standen mit dem Ausbleiben jeglicher Touristen vor dem Nichts. Tausche Fisch gegen Reis, Arbeitskraft gegen Essen – für nichts darf man sich zu schade sein, um sich und seine Familie über die Runden zu bringen. Egal, ob Diveguide, Taxifahrer oder Zimmermädchen: Immer bekommen wir diese Geschichte in unterschiedlichen Nuancen zu hören. Aber glücklicherweise ist Licht am Ende des Tunnels in Sicht. In donesien erlaubt bereits wieder Touristen aus mehr als 80 Ländern die Einreise. Und auch viele Tauchbasen öffnen wieder ihre Pforten. So auch Diving Candidasa, ein Ableger der deutschstämmigen diving.de-Tauchbasenfamilie. In idyllischer Lage im traumhaft schönen Palmgarten des Candi Beach Resorts, zwischen Ausbildungspool und Meer, treffen wir uns zur morgendlichen Tauchausfahrt. »Wir können alles außer Hausrifftauchen«, klärt uns Basisleiter Andreas auf. Der starken Strömungen und mitunter eben solcher Brandung wegen hat man hier schon vor Jahrzehnten massive Wellenbrecher vor der Küste installiert. Anders wären Baden und Schwimmen nicht möglich. Zum Tauchen geht es entweder ganz traditionell mit kleinen Auslegerbooten oder zu weiter entfernten Spots mit dem Bus.
Ein Jetty als Riffgarten
Wir besteigen eines der überraschend geräumigen, bunt bemalten Holzboote und tuckern kurz darauf los Richtung Padangbai. Nach einem Check-Tauchgang in einer glasklaren Bucht auf halber Strecke wird es nach der Oberflächenpause spannend. Ein ehemals für Kreuzfahrtschiffe konzipierter Jetty verfällt seit Jahren ungenutzt und mutiert immer mehr zum künstlichen Riff. Eine Vielzahl an wuchtigen Betonsäulen verankert den mehr als 300 Meter langen Steg im sandigen Meeresgrund bis in eine stolze Tiefe von 18 Metern. Planktonreiches Wasser sowie ständige Gezeitenströmungen haben die einst kahlen Stützen in einen blühenden Unterwassergarten verwandelt und für eine Unmenge an Tieren ein neues Zuhause geschaffen. Entlang der von bunten Schwämmen, Gorgonienfächern, Weichkorallen, Seescheiden und riesigen Muscheln bewachsenen Säulen tauchen wir durch eine imposante Schule von gestreiften Korallenwelsen, entdecken kapitale Drachenköpfe, bizarre Steinfische, jede Menge Stachelrochen, Sepien und Kugelfische. Gleich eine ganze Reihe von Anglerfischen in den ausgefallensten Farben sowie wunderschöne bunte Nacktschnecken erinnern an die berühmte Lembeh Strait und sorgen dafür, dass wir uns in diesen Jetty-Tauchspot sofort verlieben. Tags darauf geht es mit dem Auslegerboot in die andere Richtung, wo eine Handvoll schroffe Felsen und kleine Inselchen aus dem Wasser ragen. Nur bei optimalen Wetterbedingungen können hier manche Spots betaucht werden. Zu gefährlich sind sonst Strömung und Brandungswellen. Wir haben Glück und können das Highlight, eine riesige Höhle in zwölf Meter Tiefe, ganz gemütlich erkunden. Zwei überraschend große Weißspitzen-Riffhaie, eine Muräne und ein attraktiv anzusehender Schwarm Beilbauchfische lassen uns keine Zeit, um auch noch die Höhlenwände nach Garnelen und farbenfrohen Nacktschnecken abzusuchen. Auf dem Rückweg springen wir bei einem unscheinbaren Felsen ins Wasser und werden mit fantastischen Sichtweiten und einer bizarren Unterwasserlandschaft belohnt. Wie kleine Untiefen erheben sich immer wieder große Blöcke vom schroffen Felsboden, der dicht mit orangefarbenen Weichkorallen bezogen ist.
Bunt bewachsene Überhänge und eine kleine Höhle mit drei Baby-Weißspitzen-Riffhaien runden das Bild ab. Zurück an Bord, verrät uns Diveguide Gede, dass man hier ab und an sogar einen Fuchshai zu Gesicht bekommt. Und später im Jahr, wenn das Wasser kälter ist, kann man auch Mondfischen begegnen. Das trifft leider nicht auf uns zu, denn kalte Wasserströmungen mit oft weniger als 20 Grad treten hier frühestens im Juli auf. Die Wohlfühltemperatur von Mondfischen liegt jedoch unterhalb von 22 Grad.
Rückkehr zur Liberty
Den tauchfreien Nachmittag genießen wir in der traumhaft schönen Hotelanlage. Wer es sich leisten kann, sollte eine Poolvilla in Betracht ziehen. Wahrlich fantastisch ist nicht nur die luxuriöse Geräumigkeit, sondern vor allem die Privatsphäre mit eigenem Zehn-Meter-Pool. Das Geld, das man hierfür ausgibt, kann man beim Essen fast wieder einsparen, denn in wenigen Gehminuten rund ums Hotel findet sich ein gutes Dutzend an preisgünstigen Restaurants, die von der schmackhaften Garküche mit bunten Plastikstühlen bis hin zu netten Lokalen mit gepflegtem Ambiente reichen. Zu letzteren zählt etwa das beliebte Lu Putu (luputu.com) gerade mal 100 Meter rechts von der Hotel-Lobby. Am folgenden Tag steuern wir mit dem Bus Tulamben an. Es geht zum bekanntesten Tauchplatz von Bali, dem Wrack der Liberty. Durch einen japanischen Torpedotreffer im Zweiten Weltkrieg außer Gefecht gesetzt und an den nächstgelegenen Strand geschleppt, wurde die Liberty erst 21 Jahre später, im Jahr 1963, von den Lavaströmen eines Vulkanausbruchs an ihre jetzige Position geschoben. Und die ist nach wie vor perfekt für Taucher und sogar auch für Schnorchler. Leicht zugänglich und wenige Meter vor dem Ufer ruht der über 100 Meter lange Stahlkoloss auf seiner Steuerbordseite in gerade mal drei bis 30 Meter Tiefe. Vor der Corona-Pandemie kamen oft mehr als 500 Taucher pro Tag, um das längst in ein künstliches Riff verwandelte Wrack zu bestaunen. Heute ist nur eine kleine Gruppe von Asiaten mit uns im Wasser, die auch bald außer Sichtweite schwimmt. Die Ruhepause hat dem Leben an der Liberty gut getan. Vor allem der Weichkorallenbewuchs im Flachwasser hat sich deutlich verbessert. Die Fischwelt scheint mehr oder weniger unverändert – obwohl sich die bunten Schuppenträger nicht mehr ganz so zutraulich zeigen wie früher. Der einst riesige Stachelmakrelen- Schwarm ist leider verschwunden. Doch die Diveguides zeigen sich zuversichtlich, dass er zurückkommen wird. Wie auch immer: Zwei Tauchgänge lang gehört uns die Liberty fast allein, wenn man von den geschäftig umherwuselnden Füsilieren, den quirligen Clownfischen, den stoisch dahockenden Drachenköpfen und Schaukelfischen sowie all den übrigen farbenfrohen Riffbewohnern absieht.
Rochen mit Handicap
Gerade wenn man in Candidasa und damit an der Südostküste von Bali seinen Urlaub verbringt, ist Nusa Penida absolutes Pflichtprogramm! Die über 200 Quadratkilometer große Kalksteininsel liegt rund 15 Kilometer südlich vorgelagert und ist für ihren ganzjährigen Mantaspot bekannt. Um ihn zu erreichen, geht es zuerst mit dem Tauchbasis-Bus in die Nachbarstadt Padangbai und von dort auf einem PS-starken Schnellboot in einer guten Stunde an die Südküste von Nusa Penida. Etwas Seefestigkeit ist durchaus von Vorteil, denn zumindest mit langgezogenen Wellen muss man hier immer rechnen. Etwa auf halber Strecke passieren wir Crystal Bay, den bekanntesten Mondfisch-Spot der Gegend, und düsen weiter an der schroffen Küste mit ihren beeindruckenden Felsklippen und einem gewaltigen Felstor entlang. An einer unscheinbaren, kaum Schutz bietenden Felsbucht stoppen die Bootsmotoren, und wir lassen uns ins etwas kühlere Wasser fallen. Bei bescheidener Sicht erreichen wir auf gut zehn Meter Tiefe den Meeresgrund, der hauptsächlich aus blank geschliffenen Felsblöcken mit Sandflächen dazwischen besteht. Nach wenigen Minuten hat man sich an den teils kräftigen Swell gewöhnt, der nicht nur uns, sondern auch aufgewirbelten Sand in rhythmischen Bewegungen durch das Meer schiebt. Nicht dagegen ankämpfen, sondern mit dem Wasser gehen lautet hier die Devise. Stachel, Adler, Manta – genau in dieser Reihenfolge erscheinen dann fast gemäß einem guten Drehbuch die Akteure. Zuerst erspähen wir eine Gruppe Stachelrochen, halb vergraben im Sandboden. Dann zwei verspielt herumtollende Adlerrochen im Freiwasser. Und schließlich zeigt sich ein riesiger Mantarochen. Langsam umkreist er einen großen Felsblock, der als Putzerstation dient. Nach einer Weile kommt er im trüben Wasser immer näher, schwebt mal direkt über unseren Köpfen, mal nur in Armlänge neben uns. Der Manta hat ein Problem, von dem ihn kein Putzerfisch befreien kann: Eine Angelleine ragt, tief im Fleisch eingeschnitten, aus seiner linken Brustflosse! Vermutlich hat sich der Rochen schon vor langer Zeit in der massiven Nylonschnur verfangen. Wie wir später erfahren, wurde von Tauchguides schon mehrfach vergeblich versucht, ihn davon zu befreien. Wir können nur hoffen, dass es ihnen doch noch gelingt. Mit gemischten Gefühlen beobachten wir den Rochen noch eine Weile, bis er schließlich mit zwei Artgenossen aus unserem Sichtfeld verschwindet. Auf dem Rückweg bringt uns ein abwechslungsreicher DriftTauchgang vor der Nordküste von Nusa Penida wieder auf andere Gedanken. Im glasklaren Wasser zieht ein bunt bewachsener Riffhang wie im Kino an uns vorüber. Ausladende Tischkorallen, üppig wuchernde Weichkorallenbüsche, Besengorgonien, mannshohe Tonnenschwämme und weit ins Freiwasser ragende Röhrenschwämme präsentiereh sich im Breitwand-Filmformat. Während kleine Wolken von Fahnenbarschen sich eng ans Riff kuscheln, um nicht abgetrieben zu werden, scheinen einige Stachelmakrelen mit uns in der Strömung um die Wette zu schwimmen. Für jeden, der Strömung liebt, ein wahrer Genusstauchgang! Und ein schöner Abschluss für unsere Woche auf Bali.
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Quelle:November 2022 TAUCHEN Magazin
(Text von Barbara und Wolfgang Pölzer)